Zehn Handlungsaufforderungen
für die Wissenschaftskultur.
Jetzt unterschreiben!
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Machen Sie alle Aufgaben und Leistungen inner- und ausserhalb der Hochschule in Ihrem Lebenslauf sichtbar. Zeigen Sie, was Sie in Wissenschaft, Lehre, Administration, im öffentlichen und sozialen Bereich und bei der Care-Arbeit tatsächlich leisten.
Der Druck, dem Wissenschaftler*innen und Student*innen im aktuellen Wissenschaftssystem ausgesetzt sind, ist gross. Der Fokus auf quantifizierbare Leistungskriterien, wie etwa die Anzahl Publikationen und Drittmitteleinwerbungen, überlagert einen grossen Teil der geleisteten (oft unvergüteten) Arbeit. Dazu gehört neben dem wissenschaftlichen Bereich (öffentliche Vorträge, Interviews, Politikberatung, etc.) auch die Sichtbarmachung von Care-Arbeit (Betreuungs- und Pflegearbeit) sowie die Freiwilligenarbeit. Diese weniger gut quantifizierbare Fülle an Arbeit wird in der heutigen Hochschulpraxis ausgeblendet. Gerade die Erfahrungen in der ausseruniversitären Care-Arbeit sind aber zentral für gute Team- und Betreuungsarbeit an der Universität.
Würdigen Sie die Vielfältigkeit akademischer Exzellenz, denn auch die Gesellschaft profitiert von einem veränderten Verständnis von wissenschaftlicher Exzellenz. Um Nachhaltigkeit und Transformation zu erreichen, sollte auch die Wissenschaft offen sein für inter- und transdiziplinäre Ansätze. Diese werden jedoch oft den traditionellen Leistungskriterien untergeordnet. Das Engagement mit und in der Gesellschaft hat Vorteile, auch für die Wissenschaftler*innen.
#carearbeit #freiwilligenarbeit #lebenslauf #wertschätzung #transdisziplinarität #nachhaltigkeit
Nehmen Sie sich auch als Nachwuchswissenschaftler*in Zeit zum Denken, zum Lesen, zum Schreiben. Mit einer Zeit des Müssiggangs ohne akademische Pflichterfüllung fördern Sie Ihre Konzentration und Kreativität. Eine solche Rückzugszeit gibt Ihrer Arbeit einen Schub!
Akademische Arbeit bedarf Kreativität, damit neue Ideen entstehen oder Projekte umgesetzt werden können. Dazu braucht es Raum, in dem sich Kreativität frei entfalten kann. Leistungsdruck und die (subjektiv wahrgenommene) Erwartung, immer erreichbar sein zu müssen, schmälern diese Voraussetzung für Innovation in Lehre und Forschung oftmals.
Mit einer kompletten Absenz von ihrer Arbeit kommunizieren Sie, dass Ihr Leben mehr beinhaltet als Arbeit. Respektieren Sie es, wenn Ihre Kolleg*innen ausserhalb der Arbeitszeiten nicht zurückschreiben: Sie entscheiden sich aus einem guten Grund und mit Recht bewusst dafür.
Die digitalen Medien halten uns alle an der kurzen Leine und verlocken zur Überbrückung kürzester und längerer Wartezeiten. Nehmen Sie sich trotzdem bewusst Zeit zum Denken, in der Sie keine anderen Aufgaben annehmen oder Altlasten abarbeiten. Diese Auszeiten und Pausen regen Ihre Kreativität an. Die besten Ideen kommen dann, wenn wir sie nicht erzwingen.
#freizeit #verpflichtungen #kreativität #freiheiten #prekarisierung
Entscheiden Sie sich in der Forschung und der Lehre stets für Qualität statt für Quantität. Erwarten Sie von allen, inklusive Ihnen selbst, dass sie ihr Bestes geben, aber erwarten Sie nicht Perfektion: Das ist Exzellenz.
Überlegen Sie sich: Was ist Qualität? Welche Ansprüche haben Sie an Ihre eigene Leistung und die anderer? Fragen Sie sich, wo Ihre Arbeit exzellent sein muss und wo „gut“ reicht. Gute und nachhaltige Lehre braucht Zeit: Qualität bemisst sich nicht an der Menge, sondern am Inhalt.
Bevorzugen Sie bei der Beurteilung von Forschungsgesuchen und Bewerbungen Qualität statt Quantität. Tragen Sie zur Verbesserung der Bedingungen bei, indem Sie etwa fehlende Aussagekraft von quantitativen Outputmessungen hinterfragen.
Schaffen Sie Qualität in der Lehre: Seien Sie aufmerksam, nehmen Sie sich Zeit und widmen Sie sich dem Thema und Ihren Student*innen. Seien Sie präsent, hören Sie zu, arbeiten sie reflektiert.
In dem Sie sich mit Ihren eigenen Leistungen zufrieden geben, üben Sie eine positive Wirkung auf Ihr Arbeitsumfeld aus. Anstatt sich zu verlieren in der Bewertung nach Anzahl peer-reviewten Arbeiten oder erfolgreicher Drittmitteleinwerbung, streben Sie gezielt nach der Erfüllung der Anforderungen für wichtige Karrierestufen (etwa tenure & Beförderung). So können Sie einen Fokus auf Qualität legen, und anerkennen die Notwendigkeit nach Ausgewogenheit.
#impactfactors #qualitätsbegriff #leistung #erwartungen
Seien Sie sich Ihrer Ressourcen und Prioritäten bewusst: Überlegen Sie sich, für welche Aufgaben Sie Verantwortung übernehmen können und wollen und streben Sie nach einer optimalen Verteilung Ihrer Arbeit auf Forschung, Lehre und Administration.
Gute Arbeit und Zuverlässigkeit zeichnet sich auch dadurch aus, zu entscheiden, wo «gute» Arbeit reicht und wo Perfektion wichtig ist. Überlegen Sie sich: Zu wem oder was sagen Sie ja? Ist die Erfüllung dieser Zusage im Rahmen Ihrer Möglichkeiten erfüllbar? Eine Aufgabe zu übernehmen, für die Sie keine Zeit, keine Ressourcen haben, bringt weder Ihnen noch Ihrem Team einen Mehrwert.
Manche Aufgaben sollten Sie besser sein lassen, anstatt versuchen sie effizienter zu erfüllen. Indem Sie zum Beispiel die Leistungsanforderungen von Lehrveranstaltungen klar eingrenzen, ergeben sich Kapazitäten für andere Tätigkeiten.
Schaffen Sie wo immer möglich Freiräume, um Ihre eigenen Prioritäten zu setzen und übernehmen Sie Verantwortung für Aufgaben, die Ihnen tatsächlich wichtig sind.
#exzellenzbegriff #arbeitsverteilung #entscheiden #grenzensetzen #unnötigearbeit
Kommunizieren Sie achtsam. Schreiben Sie durchdachte Emails und beeinflussen Sie die Kommunikationskultur positiv. Zeigen Sie, dass das Leben mehr beinhaltet als die Arbeit. Gönnen Sie sich und Anderen, am Abend und am Wochenende keine E-Mails beantworten zu müssen.
Exzellenz bedeutet, dass Sie sich Zeit nehmen für die Kommunikation mit anderen. Ob im Gespräch oder schriftlich, achten Sie auf Ihren Tonfall und vermeiden Sie Missverständnisse.
Ziehen Sie keine Schlüsse über Qualität aufgrund von Namen, Zugehörigkeiten oder Sprache. Wählen Sie einen wertschätzenden Ton, insbesondere bei der Anbringung von Kritik, etwa bei einem Peer-Review.
Oft ist unsere Inbox so voll, dass wir nicht dazu kommen, alle Emails zu beantworten. Weniger und sorgfältiger Emails zu schreiben kann helfen, sich mehr Zeit zu verschaffen zum Denken, zum Lesen und zum Schreiben.
In dem Sie sich erlauben, am Abend und am Wochenende nicht verfügbar zu sein, und dies auch nicht von anderen erwarten, würdigen Sie das Leben neben der Wissenschaft. Machen Sie diese Entscheidung sichtbar: Ergänzen Sie ihre Signatur mit einer kurzen Notiz betreffend Ihrer Verfügbarkeit.
#kommunikation #email #verfügbarkeit #erwartungshaltung
Ermöglichen Sie eine gesunde Wissenschaftskultur für alle: Lassen Sie Kritik zu und zeigen Sie Wertschätzung. Nehmen Sie sich Zeit für die Betreuung Ihrer Student*innen, Doktorand*innen und Postdocs und fördern und unterstützen Sie Nachwuchswissenschaftler*innen.
Akademische Arbeit zeichnet sich überwiegend dadurch aus, dass Forschungsarbeit – auch wenn sie Teil eines Teams ist – individuell erledigt und bearbeitet wird. Dies kann zu Einsamkeit und Isolation führen. Wirken Sie dem entgegen, indem Sie den Austausch mit Ihren Student*innen und unter Ihren Mitarbeiter*innen fördern. Ein sorgsamer und offener Umgang mit ihnen schafft ein Umfeld für konstruktive Kritik und Diskussion. Tragen Sie dazu bei, wissenschaftliche Tätigkeit für alle zur sinnstiftenden Arbeit zu machen.
Seien Sie sich bewusst, dass manche Student*innen mehr Lohnarbeit leisten müssen als andere, um sich ihr Studium finanzieren zu können. Ermöglichen Sie Chancengleichheit und entlasten Sie jene, die nicht dieselben Voraussetzungen haben. Leisten Sie Unterstützung, indem Sie Ihren Betreuungsaufgaben als Vorgesetzte oder Lehrperson nachkommen.
#wertschätzung #betreuung #kritik #unterstützung #umgang
Handeln Sie bei der Bewertung wissenschaftlicher Arbeit nach der DORA-Deklaration*: Bewerten und honorieren Sie Arbeiten oder Forschungsanträge, die Qualität über Quantität stellen. Bewerten und honorieren Sie somit auch Lehre, Administration, Öffentlichkeitsarbeit, Datenerfassung, Kommissionsarbeit und anderes Engagement.
Die Praxis, die wissenschaftliche Leistung anhand von Impaktfaktoren zu bewerten, entstammt der problematischen Forderung, wissenschaftliche Leistung mess- und vergleichbar zu machen: Mit einem von Verlagen entwickelten Instrument wird versucht, Objektivität in die Bewertung akademischer Tätigkeit zu bringen.
Die DORA-Deklaration, die auch die Universität Bern und andere Schweizer Universitäten unterzeichnet haben, fordert die Abkehr vom «Journal Impact Factors» als einziges Bewertungskriterium von akademischen Leistungen für den Entscheid über Einstellung, Beförderung oder Finanzierung. Es gibt aussagekräftigere und ganzheitlichere Kriterien, wie die Qualität einzelner Forschungsarbeiten bemessen werden kann.
Achten Sie bei Beurteilungen auf alle geleistete Arbeit: Würdigen Sie nebst den Publikationen auch Lehre, administrative Tätigkeiten, Öffentlichkeitsarbeit und andere wissenschaftliche Arbeit.
Treten Sie redundantem Publikationsoutput entgegen, indem Sie selbst stets qualitativ hochwertige Beiträge publizieren. Achten Sie bei Beurteilungen von Forschungsgesuchen und Bewerbungen ganz bewusst nicht auf Quantität, sondern auf Qualität. Stellen Sie die fehlende Aussagekraft von quantitativen Outputmessungen in Frage.
* Die DORA-Deklaration gibt Empfehlungen darüber ab, wie wissenschaftliche Arbeiten umfassend und fair bewertet werden sollen: www.sfdora.org
#doradeklaration #ganzheitlichkeit #aufmerksamkeit #qualität #bewertung
Arbeiten Sie als Führungsperson bewusst im Team und zeigen Sie Wertschätzung für geleistete Arbeit Ihrer Teammitglieder in allen Arbeitsbereichen. Schaffen Sie eine angenehme Arbeitsatmosphäre mit einer positiven Fehlerkultur. Achten Sie darauf, welcher Umgang Ihnen und dem Team guttut.
Das Arbeitsumfeld der marktorientierten Universität und der damit einhergehende hohe Leistungsdruck verleitet zum Konkurrenzdenken, zu hoher Arbeitsbelastung und zu psychischen Problemen. Zeigen Sie bewusst Wertschätzung, anstatt Ihren Stress auf andere abzuwälzen und sie zu kritisieren. Sie können vermehrt loben, die Arbeit anderer anerkennend würdigen, nachfragen wie es der anderen Person geht und in schwierigen Situationen Unterstützung anbieten. Verstehen Sie Ihre Arbeit als Care-Arbeit: In dem Sie in Ihrem Team auf die Bedürfnisse der einzelnen Mitglieder eingehen und reagieren, fördern Sie einen sorgsamen Umgang miteinander und machen das Zusammenarbeiten angenehmer und freudiger.
Ein respektvoller, offener Umgang im Team lässt so Raum für die Anbringung und Diskussion von Kritik zu.
#teamarbeit #wertschätzung #umgang #caringworkrelations
Schaffen Sie als Führungsperson für Mitarbeitende den Raum «nein» zu sagen und achten Sie auf eine faire Verteilung der Aufgaben im Team.
Ein Stressfaktor der heutigen Universität kann das Gefühl sein, alle anderen würden länger und besser arbeiten als wir selber. Indem Sie für eine faire Arbeitsverteilung sorgen, wirken Sie diesem Stressauslöser entgegen.
Setzen Sie sich selbst Grenzen und berücksichtigen Sie die Grenzen ihrer Mitarbeiter*innen. Verwalten Sie die Ressourcen in Ihrem Team sorgfältig: Seien Sie sich bewusst, wer wie viel leistet, und wem welche Aufgaben zuteil kommen. Zeigen Sie auch Anerkennung und Wertschätzung für weniger prestigeträchtige Aufgaben. Fördern Sie im Team einen wohlwollenden Rahmen, der es allen ermöglicht, «nein» zu sagen zu Aufgaben, die überfordernd sein können. Sagen Sie «ja» zu Aufgaben, für die Sie Zeit und Energie haben, damit sie einen Mehrwert bieten und die Verantwortung für Ihr Tun übernehmen können.
#grenzenberücksichtigen #aufgabenverteilung #ressourcenmanagement #gefälligkeitsfalle
Unterschätzen Sie Ihren Einfluss auf die Student*innen und Ihre Mitarbeiter*innen nicht. Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, seien Sie ein Vorbild und schaffen Sie Raum für better science.
Als Vorgesetzte und Lehrperson haben Sie Privilegien und Möglichkeiten, die Ihre Mitarbeiter*innen und Student*innen nicht haben. Nutzen Sie sie: Sie können anderen den Zugang zu Räumen, Skills, Wissen, Jobs oder Finanzierungsmöglichkeiten verschaffen. Organisieren Sie Treffen jenseits von herkömmlichen Veranstaltungen, um einen vertieften Austausch zwischen unterschiedlichen Statusgruppen zu ermöglichen und zu erfahren, was Ihre Mitarbeiter*innen und Student*innen benötigen.
Helfen Sie mit, den Mythos Wissenschaft zu hinterfragen. Tragen Sie zur Entstigmatisierung des persönlichen Scheiterns bei: Unterstützen Sie Ihre Mitarbeiter*innen und Student*innen in der Bewältigung von Krisen und entlasten Sie sie, um erzwungene Ausschlüsse, etwa wegen Elternschaft, zu verhindern. Helfen Sie, um all jenen Teilhabe zu ermöglichen, die an Hochschulen studieren und arbeiten möchten. Gleichzeitig können Sie dazu beitragen, Hürden abzubauen, die andere davon abhalten, sich bewusst gegen die Wissenschaft oder einen akademischen Abschluss zu entscheiden.
Seien Sie sich Ihrem Einfluss und Ihrer Vorbildfunktion bewusst und setzen Sie sich ein, um andere zu befähigen.
#einfluss #vorbildfunktion #werte #orientierung
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